LS7.2 Die Entwicklung der Aufstellsysteme

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Die Geschichte der Totalprothetik

Totale Prothesen so herzustellen, dass sie im Mund der Patientin oder des Patienten beim Kauen und Sprechen wirklich festsitzen und funktionieren ist nicht einfach. Im Gegensatz zu echten Zähnen sind die Prothesen nicht im Kiefer verankert sondern liegen auf der Schleimhaut der unbezahnten Kiefer auf.

In den letzten ca. 125 Jahren haben sich viele Fachleute jede Menge Gedanken darum gemacht, wie das funktionieren könnte. Sie haben Ihre Konzepte an Patientinnen und Patienten ausprobiert und dokumentiert. Diese Entwicklung, die auch Irrtümer hervorbrachte, die sich teilweise hartnäckig in der Lehre hielten, ist wichtig zum Verständnis des heutigen Standes der Technik bei Totalen Prothesen.

Einer dieser Irrtümer ist die balancierte Okklusion, die für Totale Prothesen ein besonderes Okklusionskonzept vorsieht bzw. vorsah. Dieses Konzept weicht von der physiologischen Front-Eckzahnführung gravierend ab!

Werfen wir also erst mal einen Blick in die Geschichte der Totalprothetik:


Die Geschichte der Totalprothetik


Arbeitsauftrag 1:

Erstelle aus den Informationsquellen allein oder in einer Arbeitsgruppe eine grafische Übersicht über die Namen der beteiligten Personen. Nenne zu den Namen jeweils Besonderheiten der jeweiligen Methode in Stichworten. Stelle dabei auch die Verknüpfungen und die zeitlichen Reihenfolgen dar!


Balancierte Okklusion

Wie schon oben erwähnt spielte die balancierte Okklusion lange eine zentrale Rolle in der Totalprothetik. Man glaubte, dasse eine unphysiologische allseite Abstützung der Zahnreihen eine Stabilität der Prothesen auf dem Prothesenlager unterstützen würden.


Alfred Gysi (1865 - 1957)

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"Alfred Gysi forschte über die Probleme der Unterkieferbewegungen in Beziehung zu den Zahnformen. Dazu entwickelte er den ersten Artikulator und Gesichtsbogen, Maschinen, welche die Kaubewegungen des Menschen nachahmten. Damit gelang es ihm, individuell angepasste Prothesenzähne zu konstruieren, mit denen der Patient kauen konnte.

Daneben verfasste Alfred Gysi Publikationen im Bereich der Artikulations- und Okklusionsforschung. Alfred Gysi wird zu den bedeutendsten Vertretern der schweizerischen und internationalen wissenschaftlichen Prothetik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gezählt."[1]


Wer war Gysi?

Studium in den USA

  • 1887 Zahnärzteprüfung in der Schweiz
  • Er untersuchte die Auswirkungen von Zahnkaries
  • Danach beschäftigte er sich mit der Okklusionslehre und der Totalprothetik
  • 1908 stellte er den ersten „Simplex Artikulator“ vor (individuelle Einstellmöglichkeiten, Gesichtsbogen, Zentrikregistrat)
  • 1912 folgte er einem Ruf in die USA
  • Dort entwickelte er nach seinen Forschungen die Anatoformzähne (Sie basieren auf dem von Gysi festgestellten direkten Zusammenhang zwischen Kiefergelenksfunktion und Zahnfunktion)
  • Er erfand den Trubyte Artikulator
  • 1928 gab er die Empfehlung, bei einem Interalveolarwinkel unter 80° Totalprothesen im Kreuzbiß aufzustellen
  • 1948 wurde sein Gedankengut zum ersten Mal als Empfehlung für das Aufstellen von Zähnen veröffentlicht.

Gysi war der Ansicht, daß die UK-Bewegung auf die Bewegung der Kiefergelenke zurückzuführen sei. Er ließ neuromuskuläre Zusammenhänge außer Acht. Damit sind für die Rekonstruktion der Zähne seiner Ansicht nach der inzisale Führungsstift und die Gelenken am Artikulator ausschlaggebend. Er ging von einem 4-Phasen Rundbiß aus, in den sich die Kaubewegung des Menschen aufgliedern lasse.

  • Öffnen des UK
  • Seitwärtsbewegung des UK
  • Schließen und damit Zerquetschen der Nahrung
  • Zerreiben der Nahrung beim Eingleiten in die zentrische Okklusion

Aufstellen nach Gysi

Gysi setzt für seine Aufstellhinweise die Verwendung seiner Artikulatoren Simplex oder Trubyte voraus. Zur Zahnauswahl zieht er die Kopfform des Patienten heran (siehe Lernsituation „Auswahl der Zähne“). Er unterscheidet 4 Arbeitsschritte der Aufstellung Totaler Prothesen:

  1. Die oberen Frontzähne
  2. Die unteren Frontzähne
  3. Die oberen Seitenzähne
  4. Die unteren Seitenzähne

Um die Kompensationskurven aufzustellen, verwendetet er eine sogenannte Okklusionsplatte. Bestimmte Inzisalkanten und Höckerspitzen mußten diese Platte berühren, bestimmte durften es nicht. Um die Abstände zur Okklusionsplatte zu standardisieren und damit wiederholbare Ergebnisse zu erzeugen, erfand Gysi Keile mit verschiedenen Winkeln, die unter bestimmte Zähne geschoben werden mußten. Gysis Untersuchungen, Lehren und Verfahren sind Grundlage der modernen Prothetik geworden. In allen geläufigen Aufstellmethoden bzw. -systemen finden sich Bestandteile des seines Werks wieder.

Die Herstellung einer totalen Prothese nach der Methode von Prof. Gysi, Berlin 1929, Teil 1


Die Herstellung einer totalen Prothese nach der Methode von Prof. Gysi, Berlin 1929, Teil 2


Die Herstellung einer totalen Prothese nach der Methode von Prof. Gysi, Berlin 1929, Teil 3


Die Herstellung einer totalen Prothese nach der Methode von Prof. Gysi, Berlin 1929, Teil 4



Albert Gerber (1907-1990)[2]

Informationstexte zur Herstellung Totaler Prothesen nach Albert Gerber