9.2 Komposite
Zahnfarbene Kunststoffe, die verständlicher mit dem Wort Verblendkunststoffe beschrieben sind, dienen hauptsächlich zum Verblenden von metallischen Kronen- oder Brückengerüsten. Sie werden auch als Komposite (lateinisch compositum ‚das Zusammengesetzte‘) bezeichnet, da sie aus verschiedenen Werkstoffen zusammengesetzt sind.
Einteilung
Eine mögliche Einteilung ist diese:
- Autopolymerisate (Pulver- Flüssigkeitsgemisch)
- Heißpolimerisate (Pulver- Flüssigkeitsgemisch oder Pasten)
- Lichthärtende Systeme (Pasten)
Systeme zum Anmischen
Autopolymerisate und Heißpolymerisate die angemischt werden sind ältere Systeme, die heute kaum noch Anwendung finden. Sie bestehen aus folgenden Bestandteilen:
- Polymethacrylaten (Pulver)
- Füllstoffen wie Splitterpolymere, fein verteiltes Siliziumdioxid oder feinstgemahlene Gläser (Pulver)
- Farbpigmente (Pulver)
- Methylmethacrylat (Flüssigkeit)
Das Autopolymerisat enthält als Initiatorsystem einen Radikalstarter, bei dem der eine Teil im Pulver, der andere in der Flüssigkeit enthalten ist. Das Heißpolymerisat enthält im Pulver Dibenzoylperoxid als Initiator.
Pastöse Systeme
Verblendkunsstoffe, die als Pasten verarbeitet und daher nicht angemischt werden, sind entweder
- Heißpolymerisate oder
- Lichthärtende Kunststoffe.
Sie enthalten folgende Bestandteile:
- Hochmolekulare Dimethacrylate (z.B. Bis-GMA, UDMA, BIS-EDMA oder TEGDMA) als Kunststoffbasis.
- Füllstoffe wie Splitterpolymere, fein verteiltes Siliziumdioxid oder feinstgemahlene Gläser
- Farbpigmente
Heißpolymerisat enthält zusätzlich Initiatoren, die erst bei über 100°C zerfallen, also Radikale bilden. Solche Heißpolymerisate sind daher sehr lagerstabil.
Lichthärtende Kunststoffe enthalten logischerweise Photoinitatoren, meist Campherchinon.
Heute werden fast ausschließlich lichthärtende Systeme verwendet, das die Verarbeitung deutlich einfacher ist.
Verbund zwischen Füllstoffen und Kunststoffmatrix
Der Verbund zwischen den anorganischen Füllstoffen und der organischen Kunststoffmatrix wird durch eine Silanisierung erzeugt.
Hier der Versuch einer einfachen Beschreibung, der den Wikipedia-Artikel zur Silanisierung ergänzen soll:
- Auf das anorganische Material (Füllstoff) wird eine Siliziumoxid-Schicht aufgebracht.
- Darauf wird dann das Silan platziert. Es hat ein anorganisches (Siliziumoxid) und ein organisches Ende (hier als R (Rest) bezeichnet).
- Das anorganische Ende verbindet sich chemisch mit der Siliziumdioxid-Schicht auf dem Füllstoff.
- Das organische Ende kann sich mit der organischen Kunststoffmatrix chemisch verbinden.
Mit diesem "Trick" sind Füllstoffe und Kunststoffmatrix chemisch verbunden, obwohl das direkt, also ohne Silanisierung, nicht funktioniert.
Nebenbei macht die Silanisierung den Füllstoff noch hydrophob, was die Flüssigkeitsaufnahme (z.B. aus dem Speichel im Mund) verhindert.
Eigenschaften der Systeme
Hier werden nur die Eigenschaften von lichthärtenden Verblendkunststoffen beschrieben, da nur sie in heutiger Zeit verwendet werden.
Festigkeit
Polymere aus Dimethacrylaten sind stärker (dreidimensional) vernetzt als monofunktionelle Methacrylate wie das MMA. Das bedeutet, dass jedes Monomermolekül bei Dimethacrylaten Verbindungen mit zwei verschiedenen Kettenenden statt nur mit einem Kettenende eingehen kann. Dadurch sind die Polymernetzte viel stabiler und der Kunststoff fester und härter.
Füllstoffe (sie machen zwischen ca. 40% und 75% des Verblendmateriales aus) sind für die Härte und Abrasionsfestigkeit des Verblendkunststoffes verantwortlich.
Lichthärtende Verblendkunststoffe haben eine Biegefestigkeit von ca. 120 MPa. Natürlicher Zahnschmelz ist zwischen 250 MPa und 550 MPa fest.
Polymerisationsschrumpfung
Polymere aus Dimethacrylaten haben eine deutlich geringere Polymerisationsschrumpfung (ca. 6%) als monofunktionelle Methacrylate (ca.21%).
Die Füllstoffe verringern zusätzlich die Schrumpfung, das sie selbst ja nicht polymerisieren und daher auch nicht schrumpfen.
Verarbeitung
Heute werden fast ausschließlich lichthärtende Systeme verwendet, das die Verarbeitung deutlich einfacher ist. Wenn die Polimerisation unter Vakuum stattfindet, wird zusätzlich auch noch die Sauerstoff-Inhibitionsschicht bei der letzten Kunststofflage vermieden.
Farbbeständigkeit
Moderne Verblendkunsstoffe sind deutlich farbbeständiger als ältere, das der höherer Grad an Füllstoffen und die höherer Vernetzung der Kunststoffbasis weniger Eindringen von Flüssigkeit (Speichel) zulassen. Dieses Eindringen beeinflusst die Farbpigmente negativ.
Weiterführende Informationen
- Die Wikipedia enthält einen ausführlichen und informativen Artikel zu Komposit als Füllungswerkstoff in der Zahnmedizin
- VITA VM LC, ein Beispiel für lichthärtende Verblendmaterialen.