Lernsituation 2 - Kräfte an Prothesen: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Ermittle''' die Lage der notwendigen Abstüzungselemente für den Patientenfall und '''skizziere''' sie.
'''Ermittle''' die Lage der notwendigen Abstüzungselemente für den Patientenfall und '''skizziere''' sie.
'''Suche''' mögliche Rotationsachsen und '''zeichne''' sie ebenfalls ein.  
'''Suche''' mögliche Rotationsachsen und '''zeichne''' sie ebenfalls ein.  
Versuche durch '''Einzeichnen''' von Kraft- und Lastarmen eine möglichst günstige Position für Klammerspitzen zur Verhinderung von Rotation zu finden. Du findest [http://www.wikidental.de/pdf/partielle_prothese/planung.pdf hier] Bilder der Patientensituation.
Versuche durch '''Einzeichnen''' von Kraft- und Lastarmen eine möglichst günstige Position für Klammerspitzen zur Verhinderung von Rotation zu finden. Du findest [[:file:planung.pdf | hier]] Bilder der Patientensituation.
'''Vergleicht''' eure Ergebnisse in der Klasse!
'''Vergleicht''' eure Ergebnisse in der Klasse!
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Aktuelle Version vom 10. November 2021, 20:32 Uhr

Statik ist das Zauberwort der Planung einer Partiellen Modellgussprothese. Technisch betrachtet ist Statik der Bereich der Mechanik, der sich mit Kräften in einem unbewegten System beschäftigt. Geht es um bewegte Systeme, redet man von der Dynamik. So gesehen ist es also richtig von Statik zu reden, da sich eine Partielle Prothese ja gerade nicht bewegen soll.

Das Hebelgesetz

Grundlage der Überlegungen zur Statik der Partiellen Prothese ist das Hebelgesetz. Dazu eine kleine Geschichte aus dem Mammut-Buch der Technik von David Macaulay.

Mammut 1.jpg

"Bevor ein Mammut an seinen Bestimmungsort verschifft wird muss es gewogen werden. In einem Dorf war ich in der glücklichen Lage, diese Prozedur aus nächster Nähe beobachten zu können. Ein kräftiger Baumstamm wurde genau in seiner Mitte auf einen Findling gelegt. Ein Ende wurde auf den Boden gedrückt und man ermunterte das Mammut, sich darauf zu setzen. Kaum schien das Tier sich einigermaßen bequem niedergelassen zu haben, da kletterten auch schon einige Dorfbewohner auf das andere Ende des Stamms. Langsam sank ihr Ende hinunter während das bestürzte Mammut sich nach oben bewegte. Wenn der Baumstamm sich in der Waagerechten befinde, so sagte man mir, entspreche das Gesamtgewicht der Dorfbewohner dem des Mammuts. Das erschien mir sehr einleuchtend.

Mammut 2.jpg

In diesem Augenblich entdeckte ich auf der anderen Seite des Dorfplatzes ein anderes Mammut von ähnlicher Größe das auch gerade gewogen werden sollte. Doch hier benötigte man weit weniger Personen als Gegengewicht. Während ich mich schon auf einen Katastrophe gefasst machte, rollten einige Leute den Findling näher auf das Mammut zu. Als das Mammut endlich seine Stellung eingenommen hatte, kletterte lediglich einen handvoll Dorfbewohner auf das andere Ende des Baumstamms. Zu meiner Verblüffung hielten sich die Dorfbewohner und das Mammut die Waage. Man informierte mich, dass das Produkt aus der Länge des Baumstamms von den Dorfbewohnern bis zum Findling und ihrem Gesamtgewicht genau gleich sei dem Produkt aus Länge des Baumstammes vom Mammut bis zum Findling und seinem Gewicht. Gerade war ich emsig damit beschäftigt, anhand eigener Berechnungen diese höchst unwahrscheinliche Theorie zu überprüfen, als ich Schreie vernahm. Offensichtlich waren nicht alle Dorbewohner gleichzeitig vom Baumstamm abgesprungen, weshalb ein junger Bursche unglücklicherweise hoch in die Luft katapultiert wurde. Ich machte mir einige Notizen und hoffte, dass sie mir eines Tages nützlich sein könnten."


Arbeitsauftrag

Der Tag, an dem die Notizen nützlich sind, ist heute gekommen. Probiere mit Hilfe eines Lineals einem 10 Cent-Stück als 4,0 g schwerer Dorfbewohner, einem (Plastik)Mammut und einem Stift als Findling aus, ob die höchst unwahrscheinliche Theorie stimmt und wiege dein (Plastik)Mammut.

Sammle anschließend Beispiele für die Anwendung des Hebelgesetzes im Alltag und skizziere sie.



Kräfte an Partiellen Prothesen

Auf klammerbefestigte Partielle Prothesen wirken bei verschiedenen Belastungen Druck-, Zug- und Schubkräfte. Die Klammern (bestehend aus einem kleinen Verbinder, einer Auflage, Klammerschulter, Klammeroberarm(en) und Klammerunterarm(en) müssen diese Kräfte so abfangen und auf die Schleimhaut und das Restgebiss übertragen, dass die Prothese auch bei Belastung ohne sich zu bewegen im Mund liegt.

Druckkräfte

Eine partielle Prothese kann gingival (auf der Schleimhaut) und parodontal (auf dem Zahnhalteapparat der Restzähne) abgestützte Prothesensättel sowie rein parodontal abgestützte Prothesensättel enthalten. Man nennt die Prothesensättel Freiendsättel (Gingival/parodontal abgestützt) bzw. Schaltsättel (rein parodontal abgestützt).

Stützlinien mit Stützfeldl

Die Verbindung der der Stützelemente nennt man Stützlinien, die sich dadurch ergebende Fläche ist das "parodontale Stützfeld". Alle Druckbelastungen innerhalb des Stützfeldes sind rein parodontale Belastungen.

Freiendsattel

"Gingival und parodontal abgestützt" bedeutet, dass der Prothesensattel bei Druckbelastung in die leicht resiliente (nachgiebige) Schleimhaut gedrückt und von ihr getragen wird. Gleichzeitig übertragen eine oder mehrere Auflagen den Druck auf das Parodontium der ausgesuchter Restzähne.

Schaltsattel

"Rein parodontal abgestützt" bedeutet, dass zwei oder mehrere Auflagen den Druck auf das Parodontium von Restzähnen übertragen.

Ein Schaltsattel sollte mit zwei sattelnahen Auflagen gegen Druckkräfte abgestützt sein. Sie übertragen die Druckkräfte komplett auf das Parodontium der abstützenden Restzähne. Ein ausgedehnter Sattel ist somit überflüssig und sollte vermieden werden.

Druckkräfte auf einen Freiendsattel

Ein Freiendsattel sollte mit einer sattelfernen Auflage und einem möglichst großflächigen Sattel unter Einbeziehung des kaum von Atrophie betroffenen Tuber maxillae bzw. des retromolaren Polsters gegen Druckkräfte abgstützt werden. Die sattelferne Auflage ermöglicht eine gleichmäßigere Übertragung von Druckkräften auf die Schleimhaut als einen sattelnahe Auflage. Außerdem wird Druckbelastung so senkrechter auf den abstützenden Zahn übertragen (das erhöht seine längerfristigen Überlebenschancen ;-).

Der möglichst große Sattel verteilt die Druckkräfte auf einen möglichst großen Bereich der Schleimhaut und reduziert somit das Einsinken des Sattels bei Druckbelastung.

Trotzdem könnte bei Druckbelastung durch das Einsinken des Sattels eine Rotation um die hintersten Abstützungspunkte beider Quadranten (Auflagen bei Kennedy Klasse II-IV, Auflagen und Sattelenden bei Kennedy Klasse I) entstehen. Die Linie durch diese beiden Punkte nennt man Rotationachse. Die Rotation wird durch Halteelemente (Klammern) verhindert, die auf der gegenüberliegenden Seite der Rotationsache platziert sind. Hier kommt jetzt das schon bekannt Mammut ins Spiel ;-). Es ensteht auf der belasteten Seite ein Last(hebel)arm (den Wortteil "hebel" lässt man im Sprachgebrauch oft weg), der vom letzten antagonistisch belasteten Zahn im rechten Winkel zur Rotationsache führt. Auf der anderen Seite der Rotationsachse ensteht ein Kraft(hebel)arm, der von der Klammerspitze im rechten Winkel zur Rotationsache führt. Die Chancen, dass die Klammer die Rotation der Prothese verhindern kann ist um so größer, je günstiger das Verhältnis von Kraft- zu Lastarm ist. Günstig ist nach der schon bekannten "unwahrscheinlichen Theorie" ein möglichst kurzer Lastarm in Verbindung mit einem möglichst langen Kraftarm.

Zugkräfte

Ausgleich von Zugkräften an einem Freiendsattel

Zugkräfte können zum Beispiel durch klebrige Speisen oder schon durch die Schwerkraft (Oberkiefer, außer im Kopfstand ;-)) auf die Prothese ausgeübt werden. Sie werden von den Klammerunterarmen der Halteelemente aufgenommen.

Zugkräfte auf Freiendsättel werden von den sattelnahen Halteelementen abgefangen. Bei Zugkräften auf Freiendsättel arbeitet eine möglichst weit vom Sattel weg positionierte Auflage als Widerlager und verhindert das Hoch- bzw. Herunterkippen des ja nur mit einer Klammer versehenen Freiendsattels. Im rechts dargestellten Bild verhindern die rot umrandeten Klammerunterarme das Abheben des Freiendsattels, während die grün umrandete Auflage das Kippen verhindert. In der Literatur wird diese Auflage oft als "Kippmeider" bezeichnet.

Schubkräfte

Schubkräfte, also Kräfte die von der Seite auf die Halte- und Stützelemete der Prothese wirken, werden durch die am Zahn sauber anliegenden Klammeroberarme abgefangen. So bleibt der richtige "Sitz" der Prothese im Restgbiss gewährleistet.


Arbeitsauftrag 1

Ermittle die Lage der notwendigen Abstüzungselemente für den Patientenfall und skizziere sie. Suche mögliche Rotationsachsen und zeichne sie ebenfalls ein. Versuche durch Einzeichnen von Kraft- und Lastarmen eine möglichst günstige Position für Klammerspitzen zur Verhinderung von Rotation zu finden. Du findest hier Bilder der Patientensituation. Vergleicht eure Ergebnisse in der Klasse!


Arbeitsauftrag 2

Versuche durch Veränderungen in deiner Konstruktion günstigere Kraft-Last-Verhältnisse zu schaffen. Du darfst dabei ruhig kreativ sein und die oben genannten Regeln evtl. auch missachten!