LS6.1 Statische Planung: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 13. September 2024, 12:13 Uhr
Einige Grundsätze der Lagerung Partieller Prothesen hast Du schon im Lernfeld 4 (temporäre partielle Prothesen) gelernt und dort bei der Planung einer Interimsprothese angewendet. Diese Kompetenzen werden hier unbedingt vorausgesetzt!
Bei definitiven Partiellen Prothesen nennt man die Planung der Lagerung "Statische Planung". Am einfachsten unterscheidet man die verschiedenen Möglichkeiten der statischen Planung nach den Kennedy-Grundklassen.
Ziel der statischen Planung ist es, eine Prothese zu konstruieren, die bei Belastung (Z.B. Kauen, Sprechen) möglichst statisch, also bewegungungslos im Mund verankert ist.
Starten wir mit der einfachsten Möglichkeit:
Kennedy-Klasse III
Die Kennedy-Klasse III ist sicherlich der einfachste Fall einer definitiven Klammerprothese.
Druckkräfte
Eine partielle Prothese der Klasse III ist fast immer parodontal (auf dem Zahnhalteapparat der Restzähne) abgestützt. Alle Prothesenzähne bzw. Prothesensättel rein parodontal gelagert. Alle Sättel sind Schaltsättel.
Die Verbindung der Stützelemente (Auflagen) nennt man Stützlinien. Die sich dadurch ergebende Fläche ist das "parodontale Stützfeld". Alle Druckbelastungen innerhalb des Stützfeldes sind rein parodontale Belastungen.
Zugkräfte
Die Zugkräfte werden, wie Du schon weißt, durch die Klammerunterarme abgefangen.
Arbeitsauftrag
Nutze Deine Kompetenzen aus dem LF 4 und plane eine beliebige Prothese der Kennedy-Klasse III Unterklasse 1.
- Skizziere ein Modell mit der entsprechenden Lückengebisssituation.
- Zeichne alle Teile der Prothese ein, die die Prothese gegen Druckkräfte sichern.
- Zeichne alle Teile ein, die die Prothese gegen Zugkräfte sichern.
- Benenne die Teile, die die Prothese gegen Schubkräfte sichern.
- Zeichne das parodontale Stützfeld in Deine Planungsskizze.
Kennedy-Klasse II
Prothesen mit einer einseitig verkürzten Zahnreihe sind nicht mehr ganz so einfach zu planen. Eine vollständig parodontal abgestützte Konstruktion ist nicht möglich. Genau ein Sattel einer solchen Prothese ist ein Freiendsattel.
Druckkräfte
Ein Freiendsattel sollte mit einer sattelfernen Auflage gegen Druckkräfte abgestützt werden. Eine möglichst großflächige Sattel unter Einbeziehung des kaum von Atrophie betroffenen Tuber maxillae bzw. des retromolaren Polsters ergänzt die parodontale Abstützung durch eine zusätzliche gingivale Abstützung.
Trotzdem könnte bei Druckbelastung durch das Einsinken des Sattels eine Rotation um die hintersten Abstützungspunkte beider Quadranten (Auflagen) entstehen. Die Linie durch diese beiden Punkte nennt man Rotationachse. Die Rotation wird durch Halteelemente (Klammern) verhindert, die auf der gegenüberliegenden Seite der Rotationsachse platziert sind.
Hier kommt jetzt das Hebelgesetz ins Spiel. Es entsteht auf der belasteten Seite ein Last(hebel)arm (den Wortteil "hebel" lässt man im Sprachgebrauch oft weg), der vom letzten antagonistisch belasteten Zahn im rechten Winkel zur Rotationsachse führt. Auf der anderen Seite der Rotationsachse entsteht ein Kraft(hebel)arm, der von der Klammerspitze im rechten Winkel zur Rotationsache führt. Die Chancen, dass die Klammer die Rotation der Prothese verhindern kann ist um so größer, je günstiger das Verhältnis von Kraft- zu Lastarm ist. Günstig ist nach dem Hebelgesetz ein möglichst kurzer Lastarm in Verbindung mit einem möglichst langen Kraftarm.
Ein Freiendsattel gilt dann als sicher abgestützt, wenn die Summe der Länge der Kraftarme größer oder gleich der Länge des Lastarms ist. Bei mehreren Kraftarmen werden deren Längen addiert. (KA1 + KA2 +... >= LA)
Zugkräfte
Zugkräfte können zum Beispiel durch klebrige Speisen oder durch die Schwerkraft auf eine Oberkieferprothese ausgeübt werden.
Zugkräfte auf Freiendsättel werden von den sattelnahen Halteelementen und dem distalsten Halteelement im Nachbarquadranten abgefangen. Allerdings entsteht dabei eine Rotation um diese beiden Klammern. Auf der anderen Seite dieser Achse wird die Prothese Richtung Kiefer gedrückt. Daher dient eine möglichst weit vom Sattel weg positionierte Auflage als Widerlager und verhindert das Hochkippen des ja nur mit einer Klammer versehenen Freiendsattels. Im rechts dargestellten Bild verhindern die rot umrandeten Klammerunterarme das Abheben des Freiendsattels, während die grün umrandete Auflage das Kippen verhindert. Diese Auflage wird als Kippmeider bezeichnet.
Arbeitsauftrag
Nutze Dein neues Wissen und plane eine beliebige Prothese der Kennedy-Klasse II Unterklasse 1.
- Skizziere ein Modell mit der entsprechenden Lückengebisssituation.
- Zeichne alle Teile der Prothese ein, die die Prothese gegen Druckkräfte sichern.
- Zeichne alle Teile ein, die die Prothese gegen Zugkräfte sichern.
- Benenne die Teile, die die Prothese gegen Schubkräfte sichern.
- Zeichne das parodontale Stützfeld in Deine Planungsskizze.
- Zeichne die Rotationsachse ein.
- Zeichne die Hebelarme (Lastarm, Kraftarm(e) ein.
- Berechne die Länge der Hebelarme und entscheide, ob die Prothese statische gesichert ist.
Kennedy-Klasse IV
Prothesen mit beiseitig verkürzten Zahnreihen werden statisch so ähnlich geplant wie solche mit einseitig verkürzter Zahnreihe. Allerdings wird jeder Freiendsattel für sich allein statisch geplant.
Druckkräfte
Da sich der Speisebrei beim Kauen immer nur auf einer Seite im Mund befindet, treten Druckkräfte fast immer nur einseitig auf.
Es gibt also zwei Rotationsachsen! Die Rotationsachse verläuft jeweils durch die distalste Auflage auf der Seite des Freiendsattels und durch das kaum resiliente distale Ende des Kieferkamms. Das ist im Unterkiefer das Retromolare Polster und im Oberkiefer der Oberkieferhöcker.
Zugkräfte
Gegen Zugkräfte müssen auf jeder Seite dann auch entsprechende Kippmeider geplant werden.
Kennedy-Klasse I
Frontzahnlücken sind im Prinzip Schaltlücken. Sie werden dann auch so statisch geplant. Allerdings können aus ästhetischen Gründen sowohl Klammer als auch Auflagen an Frontzähnen wegfallen.
Druckkräfte und Zugkräfte
Daher kann dann auch hier eine Rotationsachse durch die beiden mesialsten Auflagen entstehen. So ist dann ein Schaltsattel trotzdem gingival und parodontal abgestützt. Er muss dann wie ein Freiendsattel statisch geplant werden. Das gilt auch für die Zugkräfte.