Alternative: Dehngrenze, Zugfestigkeit und Bruchdehnung
Die Dehngrenze, Zugfestigkeit und Bruchdehnung wird durch einen Zugversuch ermittelt (siehe Abbildung rechts). Dabei wird ein genormter Probekörper (Grün) aus einer Legierung durch die Zugprüfmaschine auseinander gezogen (gedehnt) bis der Probekörper reißt.
Die Kraft um den Probenkörper auseinander zu ziehen nennt man auch Zugkraft.
Die Kraft verteilt sich dabei auf den Durchmesser des Probekörpers. Diesen Vorgang nennt man auch Zugspannung.
Zugspannung ist die Zugkraft / Fläche.
--- Bild Zugspannung ---
Bei steigender Zugkraft wird der Probekörper auseinander gezogen. Dies nennt man Dehnung. Das Formelzeichen für Dehnung ist das ε (Epsilon).
Die Dehnung ε (Epsilon) ist die Längenänderung / Ursprungslänge.
Die Zugprüfmaschine gibt auf einem Computer ein Spannungs-Dehnungs-Diagramm aus.
Spannungs-Dehnungs-Diagramm
Das Spannungs-Dehnungs-Diagramm (siehe Abbildung rechts) ist das Ergebnis eines Zugversuchs. Auf der Y-Achse wird die Zugspannung (Zugkraft/Fläche) angegeben. Umso höher (Y-Achse) ein Punkt im Diagramm ist, umso mehr Zugspannung wirkt also. Auf der X-Achse wird die Dehnung ε (Längenänderung/Ursprungslänge) angegeben. Umso weiter rechts (X-Achse) ein Punkt auf dem Diagramm ist, umso höher ist die Dehnung.
Von Links nach rechts lässt sich das Spannungs-Dehnungs-Digramm dabei wie folgt beschreiben: 1 und 2: Am Anfang verlängert sich der Probenkörper elastisch. Dass heißt er verlängert (weiter rechts) sich bei höherer Zugspannung (weiter oben), geht aber wieder in seine Ursprüngliche Länge zurück.
Elastisch bedeutet, dass ein Material nach einer Verformung in seine ursprüngliche Form und Größe zurückkehrt.
3: Im nächsten Bereich steigt die Zugkraft weiter (weiter oben) und dehnt sich (weiter rechts). In dieser Phase Verformt sich der Probenkörper plastisch.
Plastische Verformung bedeutet, dass sich das Material dauerhaft verformt.
Bei 0,2 % plastischer Verformung, also fast direkt nach dem Start der platischen Verformung, liegt die 0,2 % Dehngrenze. Man nimmt an, dass bei diesem Wert die Legierung belastet werden darf, ohne das die Funktion beeinträchtigt wird.
Die 0,2 % Dehngrenze gibt an, bis zu welcher Zugspannung eine Legierung ohne Probleme Belastet werden kann.
4. Wenn die Spannung im Diagramm den höchsten Punkt erreicht hat fängt die Einschnürung an. Dabei wird der Probenkörper weiterhin platisch Verformt. Zusätzlich wird ein Bereich des Probenkörpers verengt. Das heißt, der Durchmesser wird kleiner (s. Abbilund rechts) und der Stab dehnt sich weiter aus.
Einschnürung bedeutet, dass der Probenkörper sich verengt. Man kann auch sagen, der Probenkörper wird in einem Bereich im Durchmesser kleiner.
Der höchste Punkt ist auch der Punkt mit der höchsten Spannung. Er gibt die Zugfestigkeit einer Legierung an. Er ist wichtig, da viele Stoffe maximal bis zu diesem Punkt Belastet werden dürfen. Viele spröde Werkstoffe wie Keramik brechen bei erreichen der Zugfestigkeit. Verformbarere Werkstoffe wie CoCrMo erleben eine Einschnürung.
Zugfestigkeit gibt an, ist die höchste Spannung die ein Werkstoff aufnehmen ohne sich Einzuschnüren oder zu Brechen.
5. Die Einschnürung geht soweit, bis der Probenkörper bricht. Diesen Dehnung bis zur Bruch nennt man Bruchdehnung.
Die Bruchdehnung ist die Dehnung (abzüglich der elastischen Verformung), bei der die Probe zerbrochen ist. Sie ist am Ende der Kurve ablesbar. Bei dieser Dehnung zerbricht der Werkstoff!
--- Bild/Gif Chronologischer Ablauf Zugversuch ---
--- Dehnung ---> Einschnürung ---> Bruch ---
Zugkräfte, Zugspannungen, Dehnung
--- Bild Atome die sich dehnen ---
Gegenteil:
Druckkräfte, Druckspannungen, Stauchung
--- Bild Atome die sich stauchen ---
Spannungs-Dehnungsdiagramm
Du findest in den Legierungstabellen die Werkstoffwerte 0,2%-Dehngrenze, Zugfestigkeit, Bruchdehnung und Elastizitäts-Modul. Sie geben dir Auskunft über die pysikalischen Eigenschaften der Legierung. Diese Eigenschaften bestimmen z.B. den Indikationsbereich der jeweiligen Legierung.
Die Werkstoffwerte werden von den Legierungsherstellern im Werkstoffprüflabor mit Hilfe des Zugversuchs ermittelt. Dabei wird ein runder Probenstab mit Hilfe einer Zerreissmaschine mit gleichmäßig ansteigender Kraft bis zum Bruch auf Zug belastet (verlängert). Du findest das mal für eine Goldgusslegierung und eine Modellgusslegierung in der folgenden Animation. Als Ergebnis des Zugversuchs erhältst du ein sogenanntes Spannungs-Dehnungs-Diagramm.
Aus diesem Diagramm sind die Werkstoffkenndaten mehr oder weniger direkt ablesbar:
- Die 0,2%-Dehngrenze ist die Stelle, an der eine plastische (bleibende) Verformung von 0,2% auftritt. Das ist fast genau die Stelle, an der die Kurve anfängt, von ihrem linearen (geraden) Verlauf abzuweichen. Bis zu dieser Stelle liegt eine rein elastische Verformung vor. Bis zu dieser Spannung ist der Probenwerkstoff belastbar, ohne bleibend (genauer: mehr als 0,2%) verformt zu werden!
- Der E(lastizitäts)-Modul ist ein rein theoretischer Wert. Würde man die Gerade der elastischen Verformung nach oben Verlängern, bis eine Dehnung von 100% ablesbar wäre (Verdoppelung der Probenlänge) kann an dieser Stelle die Spannung abgelesen werden, die dafür theoretisch nötig wäre. Praktisch wäre die Probe längst zerbrochen. Der E-Modul ist ein Maß für die Kraft, die zur elastischen Verformung eines Werkstoffs aufgebracht werden muss.
- Die Zugfestigkeit ist die maximale, während des Versuchs aufgetretene Zugspannung. Sie ist an der höchsten Stelle der Kurve ablesbar. Ab dieser Spannung fängt der Probenstab an, sich einzuschnüren (schmaler zu werden).
- Die Bruchdehnung ist die Dehnung (abzüglich der elastischen Verformung), bei der die Probe zerbrochen ist. Sie ist am Ende der Kurve ablesbar. Bei dieser Dehnung zerbricht der Werkstoff!
Aufgabe
Führe selbst einen Zugversuch durch. Teste mit Hilfe der Federwaage eine Probe aus Bastlerlot bis zum Bruch. Erstelle vom Versuch ein Video, mit dessen Hilfe du anschließend aus den beobachteten Werten das Spannungs-Dehnungs-Diagramm berechnen zeichnen sollst. Ermittle durch Ablesen die (0,2%-)Dehngrenze, die max. Zugspannung, die Bruchdehnung und den E-Modul des Probenwerkstoffs. Dokumentiere deine Vorgehensweise sorgfältig.
Das folgende Lernvideo enthält zusätzliche Erläuterungen. Zusätzlich wird der beschriebene Versuch gezeigt. Du kannst das Video verwenden, falls du den Versuch nicht selbst durchführen kannst.
Lernvideo zum Zugversuch:
Zusätzliche Aufgabe auf Level 4
Du hast eine Brückengerüst aus Herador C (E-Modul 89 000 N/mm2) zur Keramikverblendung hergestellt. Von diesem Gerüst ist laut Aussage des Zahnarztes bei Kaubelastung die Keramik abgeplatzt. Der Arzt behauptet, die Verbindung zwischen den Brückengleidern wäre zu dünn und die Brücke würde sich unter Kaubelastung zu stark verformen. Du hast ihn aber in Verdacht, dass er die Brücke vor dem Einsetzen hat fallen lassen. Nun musst du beweisen, dass die Verbindungen an deiner Brücke den Kaubelastungen stand halten!
wobei sich der Flächenträgheitsmoment (I) aus
ergibt. (Die Formeln sind dem Tabellenbuch Metall, Europa-Lehrmittel-Verlag, Haan 1999 entnommen).
Die Durchbiegung der Brücke darf höchstens 0,05mm betragen, ansonsten wäre die Keramik tatsächlich gefährdet!