3.X Oberflächenbearbeitung bei subtraktiver digitaler Fertigung
Die subtraktive Fertigung von zahntechnischen Produkten mit CNC-Maschinen (Fräsen oder Schleifen) erfolgt im digitalen Workflow. Bei der Einordung der CNC-Maschinen in den digitalen Worklow hilft dir die Einteilung des Workflows in 4 Schitte und 3 Schnittstellen aus dem Projekt CAD/CAM - Digitales Modell.
Viele der hier verwendeten Informationen stammen aus einer zweitägigen Fortbildung bei der Firma Dental Softworks/Dental Conceptworks sowie aus zahlreichen Online-Beratungs-Sitzungen mit Herrn Nückel. Herzlichen Dank an Herrn Nückel, Herrn Reins und ihr sehr freundliches Team!
Grundlagen
Die Konstruktion des Objektes, das gefertigt werden soll, wird in offenen Systemen meist als STL-Datei (Vgl.: STL - Schnittstelle zwischen CAD_und CAM-Software (CAM-Modell)) in die CAM-Software importiert. Die Berechnung von Steuerungbefehlen für CNC-Maschinen wird durch die CAM-Software (Vgl.: CAM-Software (CAM-Modell)) mit Hilfe von G-Code (Vgl.: G-Code (CAM-Modell)) (auch NC-Code genannt) realisiert. Diese Grundlagen wurden im Projekt CAD/CAM - Digitales_Modell schon behandelt. Die dort erworbenen Kompetenzen sind Voraussetzung für die Bearbeitung dieser Lernsituation.
Lange Zeit war die Rechenleistung bezahlbarer Computer zu gering um NC-Code für Freiformflächen bei Prototypenherstellung zeitnah zu berechnen. Moderne PC's mit Mehrkernprozessoren sind mittlerweile völlig ausreichend für diese Berechnungen.
Die Oberflächen von im STL-Format gespeicherten Objekten besteht aus Dreiecks-Flächen oder zusätzlich gespeicherten Vektoren. Selbst wenn die Flächen oder Vektoren noch so klein sind, sind die Kanten bzw. Vektoren doch nur Geraden. Das bedeutet, eine Präparationsgrenze besteht nicht aus einer echten Kurve sondern auch vielen kurzen Geraden. Gute CAM-Software (z.B. DS-CAM) kann diese "Fehler" im STL-Format an der Präpgrenze (Kantenschwelle) erkennen und selbständig verbessern (z.B. glätten oder verfeinern). Dazu muss sie die Präparationsgrenze finden können und die Einschubrichtung der einzelnen Kronen feststellen können. Nur so kann die optimale Kippung der einzelnen Kronen bei eine 4- oder 5-Achs-Bearbeitung ermittelt werden.
Werkzeuge
An dieser Stelle möchte ich mich auf die Fräswerkzeuge beschränken. Der überwiegende Teil der mit CAD/CAM-Systemen in Dentallabors gefertigten Produkte wird gefräst. Das Schleifen (Cerec-System) findet hauptsächlich chair-side in der Zahnarztpraxis statt.
Das Fräsen im Dental-Labor ist fast immer Formfräsen. Das bedeutet, dass das Werkstück mit der Stirnseite des Werkzeugs bearbeitet wird. Das Fräswerkzeug trifft dabei in der Regel annähernd senkrecht auf der die zu fräsende Fläche.
Fräswerkzeuge
- Rundfräser (halbkugelförmiger Kopf, das Standard-Werkzeug in verschiedenen Durchmessern zum Schruppen und Schlichten)
- Flachfäser (zylinderförmiger Kopf, nur mit diesem Werkzeug können echte 90° Innen-Winkel gefräst werden)
- Torus- oder Bullnosefräser (zylinderförmig mit abgerundeten Ecken)
- Lollipop-Fräser (3/4-kugelförmiger Kopf, mit diesem Werkzeugt sollen Unterschnitte leichter zu fräsen sein, allerdings ist der schmale Hals sehr instabil und bruchgefährdet)
- Kegelfräser (diese Form wird für Schleifwerkzeuge und sehr kleine Fissurenfräser, z.B. 0,3mm verwendet, da sie gegen seitlich auftretende Kräfte stabiler sind)
- Scheibenfräser (sie werden für Nuten und Gewinde verwendet)
- Bohrer (mit Bohrern werden Löcher in Abutments gebohrt, also nicht gefräst!)
Eine gute bebilderte Übersicht über die Werkzeuge bietet der Webshop der der Firma Datron.
Die meisten Fräswerkzeuge haben zwei Schneiden. Dreischneidige Werkzeuge haben einen besseren Rundlauf und arbeiten damit genauer. Allerdings sind sie teurer als zweischneidige. Von besonderer Bedeutung ist der Abtransport der Späne durch den Spanraum. Speziell polierte Spanräume verbessern den Abtransport der Späne und verringern so den Schnittdruck. So können höhere Vorschübe und größere Zustelltiefen realisiert werden, die Zeit und damit Geld sparen. Die Politur der Spanräume kann nur mit einem Mikroskop vernünftig begutachtet werden.
(Beschichtung Titannitrid, AlCrN Alcrona)
Fräsparameter
Die in der CAM-Software eingestellten Parameter für die Berechnung der Fräsbahnen bestimmen die Oberflächen-Qualität des Werkstücks, die Bearbeitungszeit, der Verschleiß der Werkzeuge und die Belastung der Maschine (besondetr der Antriebs-Spindel). Die eingestellten Parameter werden in Frässtrategien zusammegfasst und für verschiedene Werkstoffe (z.B. Zirkonoxid, Metalle, Wachs, Composites, Gips) und verschiedene Produkte (z.B. anatomische Kronen, Verblend-Kappen, Abutments, Modelle) separat gespeichert.
Einige wichtige Parameter sollen hier näher betrachtet werden:
Gleichlauf-/Gegenlauffräsen
Beim CNC-Formfräsen wird im Gegensatz zur Labor-Oberflächenbearbeitung mit dem Handstück fast immer im Gleichlauf gefräst!
Erarbeite anhand des Wikipedia-Artikels zum Stichwort Fräsen Gründe für die Verwendung des Gleichlaufs gegenüber dem Gegenlauf
Werkzeugauswahl
Das passende Werkzeug wird für den jeweiligen Bearbeitungsschritte festgelegt. Die CAM-Software seichert die Laufleistung der Werkzeuge und benachrichtigt den Benutzer, wenn es gewechselt werden muss (Achtung: Der Hersteller kann hier natürlich falsche Angaben machen, um seine Absätze zu steigern!)
Schruppzugabe
Beim Schruppen wird das Werkstück um einen bestimmten Betrag größer gelassen, als es später endgültig werden soll. Die abschließende Oberflächebearbeitung erfolgt erst beim Schlichten. Ein möglicher Standardwert ist 0,05mm.
Vorschub
Der Vorschub (mm/s) ist die Geschwindigkeit, mit der sich das Werkzeug beim Fräsen vorwärts bewegt. Je höher der Vorschub, desto größer ist die seitliche Belastung des Werkzeugs (Biegebelastung) und die Belastung der gesamten Maschine. Natürlich sorgt ein größerer Vorschub aber auch für eine kürzere Bearbeitungszeit. Zu hohe Vorschübe sorgen für Vibrationen, die die Maschine schädigen und/oder die Passgenauigkiet des Werkstücks negativ beeinflussen. 18-22mm/s sind z.B. Standard-Vorschübe für eine kleine 3+1-Achs-Fräsmaschine wie die Quattromill der Firma Goldquadrat für die PMMA-Bearbeitung.
Drehzahl
Die Drehzahl (U/min) ist die Geschwindigkeit, mit der sich die Spindel und damit das Werkzeug dreht. Eine höhere Drehzahl erhöht bis zu einem gewissen Wert die Stabilität des Werkzeugs, kann aber bei unrunden Werkzeugen auch für höhere Fliehkräfte sorgen. Je schneller sich das Werkzeug bei gleichem Vorschub dreht, desto kleiner werden die Späne, die geschnitten und abtransportiert werden müssen. 16000-22000 U/min sind z.B. Standard-Vorschübe für eine kleine 3+1-Achs-Fräsmaschine wie die Quattromill der Firma Goldquadrat für die PMMA-Bearbeitung.
Schnittgeschwindigkeit
Die Schnittgeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit, mit der die Schneide des Werkzeugs tatsächlich durch das Werkstück schneidet. Die max. Schnittgeschwindigkeit wird oft vom Werkzeughersteller festgelegt. Je höher die Schnittgeschwindigkeit, desto größer ist der Verschleiß des Werkzeugs. Die Hochgeschwindigkeitszerspanung ermöglicht sehr viel geringerer Schnittkräfte durch um ein Vielfaches kleinere Späne. Das Verfahren ist somit für sehr dünnwandige Objekte besonders geeignet.
Bahnabstand
Der Abstand zwischern zwei Fräsbahnen beim Schlichten heißt Bahnabstand. Je geringer der Bahnabstand ist, desto länger die Fertigungszeit, aber desto glatter ist die Oberfläche. Ein Wert von 0,08mm z.B. erzeugt mit einem 1mm-Rundfräser eine ziemlich glatte Oberfläche. Sinnlose Zeitverschwendung ist z.B. die sehr glatte Bearbeitung einer Oberfläche, die später verblendet werden soll. So kann viel Zeit und Geld verplempert werden!
Strategietypen
Beim Schruppe werden z.B. Z-Achsen-konstante Strategien verwendet die höhen- oder neuerdings auch arialsortiert sind. Für das Hochgeschwindigkeitsfräsen werden sogenannte trochoidale Strategien verwendet. Dabei bewegt sich das Werkzeug in ständigen kleinen Kreisbewegungen auf bzw. im Werkstück vorwärts.
Beim Schlichten werden z.B. stern- bzw. ellipsenförmige oder konturparallele Strategien verwendet. Zusätzlich gibt es Strategien zum Bohren von Löchern, zum Abtrennen von Haltestegen, zum Gravieren von Text und viele andere Typen mehr.
Achsen
Es gibt in der zahntechnischen CNC-Technik 3-, 4-, 5-, 6-, 3+1 und 3+2-achsige Maschinen. Die Standardachsen sind die X-, Y- und Z-Achse im rechtshändigen Koordinatensystem. Die 4.-6. Achse ist die Drehachse um die jeweilige Raumachse. Sie werden mit A-, B- und C-Achse bezeichnet.
Schreibe einen G-Code bzw. NC-Code für eine 3-achsige CNC-Fräsmaschine. Es soll ein kleiner Würfel (z.B. Kantenlänge 5mm) gefertigt werden. Berücksichtige die beiden Bearbeitungsphasen Schruppen und Schlichten.
Folgende Adressbuchstaben hast du zur Auswahl:
- S Spindeldrehzahl (in U/min)
- F Vorschub (mm/s)
- T Werkzeugauswahl (Nummer des Werkzeugs, z.B. 1)
- G1 Lineare Bewegung (Interpolation)
- M5 Spindel Stop
Skizziere den Würfel zuerst in ein Koordinatensystem. Bedenke, dass die Position des Werkzeugs sich auf dessen Mittelpunkt bezieht! Verwende Standardwerte für Vorschub, Drehzahl, Zustelltiefe und Bahnabstand.
Nesting
Nesting ist das Positionieren eines 3D-Objektes (z.B. im STL-Format) im Rohling (Blank) in der CAM-Software. Dabei sollte möglichst materialsparend positioniert werden. Die Fertigungszeit kann durch Reihenfolgenbestimmung und Gruppenbildung deutlich verkürzt werden. Um Resonanzen und Schwingungen zu vermeiden, sollte im Rohling von innen nach außen gefräst werden. So wird der Rohling weniger geschwächt.
Arbeitsauftrag Level 4
Dieses Dokument der Firma Emuge über Einzelheiten zu dentalen Fräswerkzeugen gibt dir auf Seite 15 Informationen zur Erstellung von zwei verschiedenen Frässtrategien für Zirkoniumdioxid. Dokumentiere die empfohlen Parameter in Stichworten. Vergleiche die beiden Strategien und stelle die Unterschiede dar.
Hier findest du die Erläuterung von Begriffen und Abkürzungen, die in der Beschreibung der Frässtrategien verwendet werden.
Wenn möglich und Zeit dafür ist:
Simuliere verschiedene Strategien mit der CAM-Software DS-CAM. Fertige anschließend wenn möglich Beispiele der verschiedenen Strategien und beurteilt die erzielten Ergebnisse (z.B. Zeitmessung, Oberfläche unter dem Mikroskop)
Weiterführende Informationen:
STL-Dateien sind recht klein (ca. 5-20MB pro Zahn-Einheit) und damit relativ einfach handhabbar (Versand; Sicherung). Größere Konstruktionen können allerdings schon recht "unhandlich" werden. In Zukunft werden bei weiter wachsender Rechenleistung der PCs rechenintensive Volumenmodelle die STL-Dateien ablösen. Sogenannte NURBS können im IGES/STEP-Format gespeichert werden. Damit können Objekte statt mit vielen kleinen Dreiecksflächen mit echten Kurven dargestellt werden. Somit werden zum Beispiel Präparationsgrenzen deutlich genauer dargestellt und übertragen! Die Berechnung der Kurven erfordert allerdings leistungsfähige Rechner. Implantat-Interfaces werden im IGES/STEP-Format importiert, da nur so die notwendige Genauigkeit der Grenzflächen zwischen Implantatpfosten und Abutment erreicht werden kann. Das STL-Format ist dafür in der Regel zu ungenau.
Bei einigen Systemen werden die Konstruktionen nicht allein als reine STL-Daten (offene Schnittstelle) sondern mit Hilfe sog. abgestimmter Formate (angepasste Schnittstelle) mit zusätzlichen Informationen für die CAM-Software versehen. So werden z.B. Präparationsgrenzen separat als Kurven exportiert. Kurven (meist eine Art NURBS) werden als Präparationsgrenze inclusive der jeweiligen Einschubrichtung an die CAM-Software übergeben. Das entspricht natürlich nicht mehr dem Standard des STL-Formates. DaS CAM 4.0-Format der Firma Wieland z.B. splittet die Konstruktionen in verschiedene STL-Dateien. So werden z.B. Okklusionsflächen, Kroneninnenflächen und andere Flächen separat gespeichert. Die CAM-Software kann dann die einzelen Flächen unterscheiden, um z.B. verschiedene Frässtrategien anzuwenden.
Zusätzliche XML-Dateien enthalten Listen mit allen verwendeten STL-Teildateien, Namen und mehr.
Auch Einschubrichtungen und Schließflächen zur Tiefenbegrenzung von Löchern werden übergeben.
Es handelt sich, wie oben erwähnt, um "abgestimmte" Formate, für die dann in jeder zu verwendenden CAM-Software aufwändig passende Importfilter programmiert werden müssen. Allerdings können einige CAM-Software-Produkte den NC-Code besser und genauer berechnen, wenn zusätzliche Informationen übergeben werden.
Links, die noch eingearbeitet werden könnten: