Lernsituation 3 - Abformwerkstoffe in leichter Sprache

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Allgemein

In der Zahnarztpraxis werden verschiedene Abformwerkstoffe verarbeitet. Als Zahntechnikerin bzw. Zahntechniker musst du diese Werkstoffe kennen. Nur dann kannst du aus den Abformungen gute Modelle herstellen.


Die Abformung in der Zahnarztpraxis

Die Modelle müssen möglichst genau sein. Dazu ist eine sorgfältige Abformung notwendig. Die Abformung ist die Verbindung zwischen Zahnarztpraxis und Dentallabor. Der Begriff Abdruck ist nicht richtig. Viele Zahntechniker sagen trotzdem Abdruck statt Abformung.

Jede Abformung soll möglichst detailgetreu (genau) sein. Dabei muss die vorhandene Dimension erhalten bleiben. Die Abformmassen sollen elastisch sein. Außerdem sollen sie mögichst fest sein. Sie zerreißen beim Herausnehmen aus dem Patientenmund sonst. Die Abformmasse muss gut um die Zähne fließen. Sie muss schnell aushärten, damit der Patient nicht lange warten muss. Sie darf keine Allergien beim Patienten verursachen. Für den Zahnarzt und die Zahnartzhelferin muss die Handhabung möglichst einfach sein. Die Abformwerkstoffe dürfen den Modellgips nicht schädigen. Das ist wichtig für den Zahntechniker. Die Abformungen sollen möglichst lange lagern können.

Der Zahntechniker muss die Abformung nach der Desinfektion zuerst auf Fehler kontrollieren. Es ist wichtig, dass alle wichtigen Strukturen (Zähne und Schleimhaut) für die Arbeit dargestellt sind. Die Abformmasse muss fest im Löffel stecken. Es dürfen keine Teile der Abformung abgerissen sein. Die Schichtstärke der Masse sollte gleichmäßig sein. Der Löffel darf an keiner Stelle durchgedrückt (zu sehen) sein. Bei Kronen- und Brückenarbeiten ist es wichtig, dass die Präparationsgrenze zirkulär (rund um den Stumpf) sichtbar ist. Es dürfen sich keine Blasen oder Fehlstellen auf den präparierten Stümpfen befinden. Der Abformwerkstoff muss gleichmäßig vermischt sein (gleichmäßige Farbe).



Arbeitsauftrag


  1. Lies den Text oben.
  2. Schreibe alle schwierigen Wörter auf.
  3. Schreibe die Erklärung für schwierige Wörter in euer Moodle-Lexikon.
  4. Lies den Text nochmal.
  5. Hast du den Text verstanden?


Beantworte diese Fragen mit Hilfe des Textes:

  • Welche Anforderung (Bedingungen) muss der Abformwerkstoff erfüllen?
  • Wie muss eine gute Abformung aussehen?

Überlege selbst und schreibe eine Antwort auf diese Frage:

  • Welche Folgen hat eine fehlerhafte Abformung für das Modell und die Arbeit?


Arbeitsauftrag

  1. Schaue die Videos über die beiden Abformarten an.
  2. Schreibe jeweils 2-3 Sätze zur Erklärung jeder Abformart:



Die Geschichte der Abformmassen

  • 1925 Hydrokolloide
  • 1950 Polysulfide
  • 1955 K-Silikone
  • 1965 Polyether
  • 1975 A-Silikone
  • 2000 Polyether Soft


Vor 1925 wurde Gips zur Abformung verwendet. Gips ist irreversibel und starr. Die Abformung musste zur Entnahme zerbrochen werden. Dann wurden die Stücke wieder zusammen geklebt.

Ca. 1925 gab es die ersten elastischen Abformassen. Zuerst wurden thermoplastische Hydrokolloide verwendet. Sie schrumpfen bei Lagerung, weil das Wasser daraus verdunstet.

Ab ca. 1955 wurden K-Silikone (K bedeutet kondensationsvernetzend) benutzt. Auch sie schrumpfen, weil beim Abbinden Alkohol verdunstet.

Ab dem Jahr 1965 wurde Polyether verwendet. Das ist ein additionsvernetzendes Abformmaterial. Es ist stabiler (fester) und es schrumpft nicht. Polyether ist hydrophil (nicht wasserabweisend). Es legt sich im Mund besser an Zähne und Zahnfleisch an. Es kann beim Ausgießen mit Gips ohne Netzmittel verwendet werden.

Ca. 1975 wurde das A-Silikon (A bedeutet additionsvernetzend) erfunden. Dies ist sehr genau. Es ist aber leider hydrophob (wasserabweisend). Deshalb muss beim Ausgießen Netzmittel verwendet werden.

Werkstoffkunde Abformmassen

Viele Abformwerkstoffe sind Elastomere. Das sind Kunststoffe elastisch verformbar. Sie verformen sich nach einer Verformung in einer gewissen Zeit wieder in ihre Ausgangsform zurück. Thermoplasten nur plastisch verformbar. Das geschieht durch Wärmezufuhr. Duroplasten sind ohne Beschädigung fast gar nicht verformbar.

Detailliertere Informationen erhältst du bei Bedarf in der Wikipedia (Elastomer, Thermoplast, Duroplast)

Die unterschiedlichen Eigenschaften hängen mit der unterschiedlichen Struktur zusammen.

  • Thermoplaste haben keine direkten Verbindungen (Primärbindungen) zwischen den Kohlenstoffketten. Sie werden durch geringere Kräfte (Sekundärbindungen) zusammengehalten. Durch Wärmezufuhr werden diese verbindungen gelöst und Verformung ist möglich. Nach dem Erkalten entstehen neue Verbindungen.
  • Elastomere haben wenige direkte Verbindungen zwischen den Kohlenstoffketten. Die Ketten sind aber stark verknäult. Daher sind sie elastisch verformbar. Die Ketten werden bei der Verformung lang gezogen und gehen danach wieder in die Ausgangsform zurück.
  • Duroplasten haben viele direkte Verbindungen zwischen den Kohlenstoffketten. Sie sind auch durch Wärmezufuhr nicht lösbar.



Die Härte von Elastomeren wird mit der Shore-Härte angegeben. Damit ist vergleichbar, wie hart elastische Abformwerkstoffe sind. Die Shore-Härte liegt zwischen 1 und 100. Je höher der Wert, desto weniger elastisch ist der Werkstoff.

Ihre Zähflüssigkeit bei der Abformung wird als Viskosität bezeichnet. Je größer die Viskosität ist, desto dickflüssiger (weniger fließfähig) ist der Abformwwerkstoff. Je niedriger die Viskosität ist, desto dünnflüssiger (fließfähiger) ist der Werkstoff.

Manche Abformwerkstoffe sind hydrophob. Das bedeutet, die Oberfläche ist wasserabweisend. Andere sind hydrophil. Das bedeutet, die Oberfläche ist nicht wasserabweisend.

Versuch "Hydrophobie"

  1. Tauche eine Wachsplatte in Wasser. Ziehe sie wieder heraus. Beobachte, wie die Wassertropfen sich auf der Oberfläche verhalten.
  2. Reibe die Wachsplatte mit Spülmittel ein. Wiederhole den Versuch.
  3. Beschreibe und erkläre deine Beobachtungen mit den Begriffen "hydrophop" und "hydrophil". Welche Funktion hat das Spülmittel bei dem Versuch?



A-Silikon

Prinzip der Polyaddition

A-Silikon (das A steht für additionsvernetzend) ist ein Elastomer. Seine Moleküle bestehen aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Silizium und Sauerstoff. Die Besonderheit der Polyaddition (additionsvernetzend) ist, dass die beiden Ausgangsstoffe ohne Abspaltung eines Nebenproduktes zu einem Elastomer vernetzen. Sie schrumpfen bei dieser Reaktion nicht. A-Silikone sind lange Zeit formstabil lagerfähig. Viele A-Silikone sind hydrophob, allerdings gibt es von einigen Herstellern mittlerweile auch schon weniger hydrophobe Silikone.

Silikone verfügen über eine sehr hohe Detailwiedergabe. Dafür sollten die Abformungen frühestens 30 -120 Minuten nach Abformung beim Patienten ausgegossen werden. Erst dann ist die elastische Rückstellung zu 99% erfolgt. Es besteht keine zeitliche Begrenzung für weiteres Ausgießen z.B. für Kontrollmodelle.

Silikone müssen mit Netzmitteln besprüht und dann vorsichtig (!) trocken gepustet werden. Nur so ist ein perfektes Anlagern des Gipsbreis an die Oberfläche gewährleistet. Manche Desinfektionsbäder enthalten Netzmittel. Das macht eine gesondertes Einsprühen dann überflüssig.

Silikone sind irreversibel. Sie sind nach dem Anmischen nicht wieder zu trennen. Ihre Halbwertszeit beträgt ca. 500 Jahre. Dies bedeutet, dass eine weggeworfene Abformung auf der Müllhalde nach 500 Jahren die Hälfte ihrer Masse verloren hat. Dies ist zumindest ökologisch bedenklich.


C-Silikon

Prinzip der Polykondensation

C-Silikon (das C steht für kondensationsvernetzend, engl. condensation) ist ein Elastomer. Seine Moleküle bestehen ebenfalls aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Silizium und Sauerstoff. Die Basiskomponente ist ein Silikon. Die Katalysatorpaste wird in kleiner Menge hinzugefügt. Sie enthält Alkohol. Sie vernetzt die Silikon-Moleküle der Basiskomponente zu einem Elastomer (Polykondensation). Es bleibt dabei ein Rest übrig. Das ist meist der Alkohol. Er verdunstet. Dieser Prozess geht auch nach dem Vernetzungsvorgang weiter. Daher schrumpft C-Silikon bei und nach der Vernetzung. Es ist nicht unbegrenzt lagerfähig. C-Silikone sind hydrophob.

Silikone müssen mit Netzmitteln besprüht und dann vorsichtig (!) trocken gepustet werden. Nur so ist ein perfektes Anlagern des Gipsbreis an die Oberfläche gewährleistet. Manche Desinfektionsbäder enthalten Netzmittel. Das macht eine gesondertes Einsprühen dann überflüssig.

Silikone sind irreversibel. Sie sind nach dem Anmischen nicht wieder zu trennen. Ihre Halbwertszeit beträgt ca. 500 Jahre. Dies bedeutet, dass eine weggeworfene Abformung auf der Müllhalde nach 500 Jahren die Hälfte ihrer Masse verloren hat. Dies ist zumindest ökologisch bedenklich.


Alginat

Die werkstoffkundlichen Grundlagen zum Alginat hast du schon in der Lernsituation 2 - Eine Alginatabformung ist über Nacht liegengeblieben - Was nun? kennen gelernt. Bei Bedarf solltest die sie wiederholen.

Alginat ist nicht besonders stabil. Auch die Oberflächenqualität ist ungenauer als die von Silikonen, Hydrokolloiden und Polyether. Dafür ist Alginat aber preiswert. Es gehört zu den irreversibel-elastischen Abformassen.


Hydrokolloid

Hydrokolloide bestehen zum größten Teil aus Wasser und Agar-Agar. Hydro steht für Wasser, kolloid für Gel oder gelartig) Agar-Agar ist ein Werkstoff, der aus Algen gewonnen wird. Die Kettenmoloküle Agar-Agar sind kaum vernetzt und daher thermoplastisch verformbar. Bei ca. 48 Grad Celsius wird ein Hydrokolloid flüssig. Bei der Abkühlung wird es wieder gelartig fest. Es müssen zur schnelleren Erstarrung durch Röhrchen wasserkühlbare Abformlöffel verwendet werden.

Richtig verarbeitet haben Hydrokolloide eine hohe Abformgenauigkeit. Hydrokolloide werden nur noch selten verwendet. Sie sind nicht mehr so wichtig wie vor der Einführung der Polyether und A-Silikone. Besonders die komplizierte Handhabung und die niedrige Reißfestigkeit sind Gründe dafür.

Allerdings sind Hydrokolloide preisgünstig und in der Entsorgung unproblematisch, da sie kompostierbar sind.

Hydrokolloide sind reversibel-elastisch.


Polyether

Prinzip der Polyaddition

Die Basispaste des Polyether enthält längere Molekülketten. Durch die Katalysatorpaste werden diese Ketten zum Verbinden angeregt. Sie bilden das typische weitmaschige Netz eines Elastomer. Der Vorgang ist chemisch gesehen eine Polyaddition. Polyether sind im Gegensatz zu vielen Silikonen hydrophil.

Polyether-Materialien sind neben den A-Silikonen die wichtigsten sehr genauen Abformmassen. Ihre Hydropholie ermöglicht sehr genaue Abformungen besonders im feuchten Bereich der Präparationsgrenze unterhalb der Gingiva. Polyether hat eine hohe Shore-Härte und Dimensionsstabilität.

Abformungen sollten frühestens 3 Stunden nach der Abformung mit Gips ausgegossen werden. Bis dahin ist eine 98%ige Rückstellung der Verformung erfolgt. Bei trockener, dunkler und kühler Lagerung ist eine Polyether-Abformung bis zu 7 Tage lagerfähig. Bei mehrmaligem Ausgießen muss die Rückstellzeit erneut beachtet werden.

Polyether- und Alginatabformungen dürfen nicht in den gleichen Kunststoff-Beuteln verpackt werden. Die Feuchtigkeit des Alginats lässt den Polyether aufquellen.

Achtung: Polyether dürfen nicht mit Netzmitteln besprüht werden. Die Oberfläche der Abformung würde dadurch beschädigt. Die Abformung sollte mit Wasser ausgespült und vorsichtig (!) trocken gepustet werden. So ist die Oberfläche mit Wasser gesättigt und einem perfekten Anlagern des flüssigen Gipses steht nichts mehr im Wege.

Polyether zersetzten sich bei Sonneneinstrahlung. Das ist der Grund für eine möglichst dunkle Lagerung von Abformungen. Sie werden mit dem Hausmüll entsorgt.


Weitere Informationsquellen

Die Internetseite der Firma Picodent und 3M Espe liefern eine gute Übersicht über die Werkstoffe A-Silikon, C-Silikon, Polyether, Alginat und Hydrokolloid.

Die Präzisionsabformung - Ein Leitfaden für Theorie und Praxis der Firma Espe ist eine allerdings recht anspruchsvolle Lektüre zum Thema Abformung.